Endlich Schluss

heißt das Stück, das am 23. Juni bei Reinhard Schamuhn im Schauspielhaus aufgeführt werden wird. Nanu...? Ist der Streit zwischen Reinhard Schamuhn und Ute Lange-Brachmann schon zu Ende? Sollte ihr Kriegsbeil tatsächlich...? Kriegen wir wieder Seelenfrieden in den Kulturstreit unserer Region?

Wahrscheinlich ist nicht ,,endlich Schluss“. Denn es läuft wohl unter „Zufall", dass am 23. Juni das Stück Endlich Schluss" von Peter Turrini in Schamuhns Theater aufgeführt werden wird. „Ein modernes Stück mit Charme“, wie es heißt. Nein, das Stück mit den Titelhelden Schamuhn und Lange Brachmann ist weder ein modernes Stück, geschweige eines mit Charme.

Die Leserbriefwelle zur Uelzener Kulturrevolution wird weiter schwappen können. Uhlenköper wird weiter geistreich zur Harmonie raten. Der Arbeitgeber der Kulturmanagerin Lange-Brachmann, die Stadt Uelzen, wird sich weiter vor sie stellen. Die Hühner und Unter-Hähne des (sich selbst so nennenden) „Uelzener verrückten Huhns", Reinhard Schamuhn, werden weiter mit ihm krähen.

Die beschädigten Rufe und die Verrufe und Widerrufe der am Streit Beteiligten, der Betroffenen, ihrer „Parteigänger" und möglicher Schadenfreudiger hüben wie drüben bleiben uns erhalten für unsere klatschfreudigen Gespräche, die wir sonst nicht führen können.

Es ist auch Zufall bzw. ein Irrtum, dass das, was vor dem Stück „Endlich Schluss“ gegenwärtig im Speicher an der Rosenmauer gezeigt wird (nämlich die Ausstellung „Triumph der Liebe") - ein Zeichen zur Wende sei. Etwa wie das Rauchzeichen bei der Papstwahl, wenn einer gewonnen hat. Oder Gott ihn rief (was in Rom dasselbe ist).

Bleiben wir beim Letzteren: Bei Gott. Wenn ich die frühere Oberabteilung der Theologie (die Philosophie) und darin ihre Vertreter Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas und vor ihnen Sigmund Freud richtig verstehe, dann ist Kunst in der Kultur dazu da, Remmidemmi zu machen. Dazu da, Gegenteil zu sein, gegenzusteuern, aufzurühren, Mögliches unmöglich zu machen und Unmögliches möglich.

Wenn sie denn zur wahren" Kunst gehören will und nicht zur Erbauung. Ich bin sicher, dass Frau Lange-Brachmann dies als Profi weiß und kultiviert. Ich

bin ebenso sicher, dass der Akitionskünstler Schamuhn dies alles fühlt, denn er drücktes aus in seiner Kunst, in seiner Kreativität, in seinen Aktionen.

Ich liebe diese Art Verrückte, die verrücken. Gerade wenn sie den Pariser Eifelturm heiraten (wofür man natürlich von gewissen Uelzenern als nicht ganz bei Trost erklärt wird). Nein, nein, im Rahmen alles dessen, was Kunst ausmacht, bin ich sicher, dass die beiden - diese Frau und dieser Mann - auch ein Stück spielen. Ein uraltes Stück. Nein, nicht ein Stück von Mann und Frau von Liebe und Hass. Es ist eines der Stücke von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit.

Denn so dürften sich beide fühlen, die in diesem Streit vereint sind: Gerecht in der eigenen Sache und ungerecht in der Sicht und Behandlung durch den anderen. Aber vielleicht spielen sie auch ein ganz anderes Stück und demnächst erscheint eine neue Anzeige von Schamuhn diesmal zusammen mit Lange-Brachmann: „Ihre Versöhnung geben bekannt:...". Oder sie treiben mal, was moderne Problempartner miteinander treiben: Rollentausch. Er im Rat - sie im Schauspielhaus. Um die Perspektive des anderen zu verstehen

Das wäre dann auch ein modernes Stück mit Charme. Aber nicht von Peter Turrini, sondern vom freischarrenden Huhn und seinem staatlichen Pendant. Die eigentlich alle beide-als zusammengehörende Gegenteile - unsere gefährlich brave Region weiter konstruktiv verrückt machen könnten. Statt sich destruktiv verrückt zu machen.

 

12. Juni 2001